Machine Zone. Der Flow der Sucht

Ich bin fast 6 Stunden online. Die meiste Zeit in Sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook. Ich empfinde die Zeit im Netz als Zwang und Qual. Ich habe bis jetzt nicht nach der Adresse des Rundfunkbeitrages geguckt, um mich von den Fernsehgebühren zu befreien. Ich habe das Buddhismustreffen ausfallen lassen. Stattdessen bin ich in einer Schleife gefangen. Ein amerikanischer Autor namens Alexis C. Madrigal sagte, dass Facebook genauso süchtig machen würde wie ein Spielomat.
Im Text der Jetzt-Süddeutschen beschreibt Mercedes Lauenstein am 1.8. 2013 folgendes: "Auf vielen Plattformen muss man nicht einmal mehr auf "Weiter" klicken. Man glotzt dem sich immer und immer wieder aufs Neue ins Unendliche erweiternden Feed hinterher wie ein armer Comic-Held dem Pendel des Feindes. Das eigene Zeit-Raum-Empfinden verblasst und dann geschieht es: Man tritt in die "Machine Zone" ein."
Die Anthropologin Natasha Schüll prägte den Begriff „Machine Zone". Sie beobachtete an Spielautomaten wie die Menschen nicht mehr um Gewinne spielten, sondern es ging ihnen um einen selbstvergessenen Zustand, eine Art Hypnose. Eine Art Flow ohne langanhaltende positive Wirkung. Dieses Hypnotisiertsein habe ich auch in früheren Texten über meine Online-Mediensucht beschrieben. Ich habe das Gefühl, dass ich in diese Www-Welt wie von einem riesengroßen digitalen Staubsauger reingesaugt werde und nicht mehr von ihr wegkomme.
Wie eine Anziehungskraft meinen Willen lahm legt und mich zum Online-Sklaven von Mark Zuckerbergs Unternehmen macht. Ich habe mich schon früher gefragt, ob diese Sozialen Netzwerke absichtlich so aufgebaut wurden, damit Menschen immer mehr Zeit dort verbringen und am Ende süchtig werden. Die Zigarettenindustrie musste vor Jahren zugeben, dass sie absichtlich süchtigmachende Stoffe in ihre Produkte reinbrachten, damit die Menschen noch mehr rauchen. Ich frage mich, ob eines Tages dieser Staat Regeln aufstellen muss, damit Kinder, Jugendliche und Erwachsene nicht so schnell mediensüchtig werden.
An Glücksspielautomaten in Spielotheken können sich Süchtige heute sperren lassen. Warum nicht auch für Nutzer die Facebook und Twitter nicht im Griff haben?
Schließlich wissen wir ja heute wie umfangreich die Überwachung durch Geheimdienste wie die NSA sein können, da dürften doch solche Sperren ein Kinderspiel sein.
Man könnte doch auch Internetcafes und Telekommunikationsanbieter verpflichten, dass sie an solche Sperren mitwirken müssten.
Die Neuen Medien existieren erst seit Anfang der 90er Jahre und wir haben immer noch nicht gelernt wie wir mit den Suchtgefahren umzugehen haben.
In dem Beitrag der Jetzt-Süddeutschen steht auch noch: "Wer sich im Internet verliert, schlussfolgert Madrigal, der handelt und empfindet ganz genau wie ein Spielsüchtiger. Bereits nach wenigen Sekunden ginge es ihm nicht mehr darum, ein Ziel zu verfolgen (Nachrichten schreiben, Poetisches twittern, Artikel lesen) sondern darum, nur noch einmal den load-more-Punkt zu erreichen und nur noch einmal ein Foto weiter zu klicken. Und noch einmal. Und noch einmal. Und noch einmal."
Und in diesem "Noch einmal" stecke ich oft. Ich sage mir jetzt höre ich auf, aber ich mache noch einmal weiter.
Ich will wissen, ob noch einer in Facebook geschrieben hat wie alt er ist. Oder ob noch einer geschrieben hat welche Lieblingsfarbe er hat. Eigentlich so banales Zeug. Nichts weltbewegendes.
Oder ob jemand noch ein Like unter meinem Foto auf meiner Pinnwand gesetzt hat. Aus meiner Onlinesucht-Klinik in Lindow in Brandenburg habe ich mir eine scherzhafte Postkarte gekauft. Ein junger Mann hat sein Gesicht ganz eng vor dem Bildschirm seines Laptops gesetzt. Er sieht verzweifelt aus. Und auf der Karte steht: Ich hab`s online satt! Mal wieder treffen?
So geht es mir öfters. Ich würde gerne manchen meiner 2500 Freunde auf Facebook kennenlernen, aber bisher habe ich nur sehr wenige real kennengelernt. Viele Telefonkontakte vertiefen sich nicht und lösen sich in Staub auf. Soziale Netzwerke sind wie ein Bierkneipe, wo die Zechkumpane sich zum saufen treffen. So lange das Bier läuft, sind alle enge Freunde. Aber nüchtern kennt sich niemand. So lange ich Facebook anhabe werde ich beachtet. Aber sobald ich die Scheiße ausmache, bin ich ein einsamer Mann mit wenig realen Kontakten.
So geht`s gewiss vielen die in ihrer Stammkneipe saufen. Meine Stammkneipen sind Facebook und Twitter.
Weiter steht: "Die "Machine Zone" beginne erst dort, wo jedes aktive Verhalten aussetze. Wo das Scrollen nur noch um des Scrollens willen geschehe."
Meine ursprünglichen Gedanken waren über meine Depressionen und Internetsucht in den Sozialen Netzwerken aufzuklären und die Menschen das Thema nahe zu bringen. Das habe ich viele Jahre mit viel Begeisterung getan.
Ich wollte helfen und etwas gutes bewirken.
Aber mittlerweile merke wie mein ursprünglicher Idealismus nicht mehr im Vordergrund steht, sondern meine Sucht.
Wie das aktive Verhalten nicht mehr die Oberhand hat, sondern wie ich ein getriebener meiner Verhaltenssucht bin.
Die Benutzeroberflächen vieler sozialer Netzwerke, Blogs oder Nachrichtenplattformen sind so einfach gemacht wurden, dass wir immer mehr Zeit dort verbringen. Wir kommen nicht mehr weg.
Das ist wie mit den Süßigkeiten die uns in jedem Laden anlächeln, damit wir sie in den Warenkorb legen. Die Hürden zum fettwerden sind sehr niedrig gesetzt. Auch weil Fastfood an vielen Ecken leicht zu haben ist.
Aber tut das Einfache dem Menschen immer gut?
Persönlich frage ich mich, ob Mark Zuckerberg sich damit einen Gefallen tut, indem er die Menschen in sein Medium lockt und abhängig macht.
Auch die Zigarettenindustrie muss mittlerweile spüren wie sie durch ihr schlechtes Image immer mehr Konsumenten verliert.
Mittlerweile wird immer mehr vor den Suchtgefahren der Sozialen Medien gewarnt.
Facebook ist nicht mehr so sexy und unbeschwert wie 2010 als ich dort meinen Account anlegte. Das einstige Start up Unternehmen hat sich zu einem Milliarden Firma gemausert.
Die Menschen haben begriffen, dass es diesem Unternehmen nicht mehr darum geht Menschen auf der ganzen Welt zu verbinden. Es geht nicht um Freundschaft und eine bessere Welt. Wir haben begriffen, dass es um Überwachung und Gewinnstreben geht. Um Werbung und konsumieren. Um Aktienkurse. Um Reichtum für Wenige auf Kosten unserer Daten und unserer Selbstbestimmung.
Ich will den Stecker ziehen von den digitalen Gemeinschaftsportalen. Ich will wieder in der Lage sein über mich und mein Leben zu bestimmen.
Das ist mein Traum.
Zitate aus: https://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/575352/Hypnotisiert-vom-Netz
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deprifrei-leben - 10. Dez, 21:45